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1. Die Zeit des Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen.

Der 30 jährige Krieg hatte ausgetobt; er hatte furchtbare Spuren im großen deutschen Vaterlande und auch in unserem Emslande hinterlassen, wie wir's im Emsländischen Heimatkalender 1926 auf Seite 31 ff. und Seite 83 ff. eingehend nachgewiesen haben. In Münster und Osnabrück war 1648 Friede geschlossen worden: es war ein Schmachfriede. Nun galt es, das am Boden liegende Vaterland wieder aufzurichten! Nur starke Persönlichkeiten vermochten diese Riesenaufgabe zu lösen, das Volk selbst konnte es nicht, es war zermürbt. Gottlob fehlte es nicht an großen Männern, und wie im Osten unseres Vaterlandes der bekannte Große Kurfürst, Friedrich Wilhelm von Brandenburg-Preußen, von 1640 bis 1688 rastlos und erfolgreich an diesem Wiederaufbau arbeitete, so erfand hier in Nordwestdeutschland in der Person des Münsterschen Fürstbischofs Christoph Bernhard von Galen ein Mann, dessen Regierungszeit von 1650 bis 1678 mit arbeitsvoller Tätigkeit zur Hebung seines Hochstiftes und Niederstiftes ausgefüllt war, und der zugleich die Grenzen seines umfangreichen Gebietes gegen die Holländer, seinen Landesfeind, zu schützen hatte. Sein Charakterbild freilich schwankt in der Geschichte: Den einen ist er ein katholischer Reformator, den anderen ein kriegslustiger Raufbold, uns Emsländern ist Christoph Bernhard der Schützer und Erhalter unserer weiten linksemsischen Moorgebiete, deren Erschließung und Ausnutzung gerade heute von dem größten vaterländischen Nutzen ist, sodaß der kriegerrischen Tätigkeit dieses bischöflichen Landesherrn nicht nur eine lokale, sondern auch eine allgemeine nationale Bedeutung zukommt.

Alt waren die Beschwerden der Emsländer über ständige Belästigungen an der Westgrenze. Seitdem die Holländer im Jahre 1530 auf einer Sandzunge im Moore ein Blockhaus, "die Bourtange", angelegt hatten, das sich allmählich zu dem befestigten Orte Burtange auswuchs, erfolgten von hier unablässig Grenzüberschreitungen, die sich bis zur Ems ausdehnten. Gewalttätigkeiten aller Art erlaubten sich die Befehlshaber und Soldaten der genannten Festung auf münsterschem Gebiete. In Haufen drangen sie an die Ems, jagten, fischten, zechten bei den Bauern und zwangen sie, unentgeltlich herbeizuschleppen was sie forderten; nötigten sie sogar, die Geräte und sie selbst nach der Burtange zurückzufahren. Besonders ergiebig waren die zum Hause Nienhues bei Aschendorf gehörigen Fischereien, in denen von den Offizieren der Burtange gewalttätig gefischt wurde. Zunächst versuchte man von Münster aus den Weg der Güte. "Es ist uns berichtet, dass die an der Grenze liegenden holländischen Garnisonen im Emslande und auf dem Hümmling hetzen und jagen, auch die Untertanen mit ihren Leuten und Hunden belästigen." (1613.) Demzufolge gab der Bischof Ferdinand von Münster seinem Statthalter im Emslande, dem Drosten, die Weisung, die genannten Befehlshaber in Güte zu ersuchen, davon abzustehen. "Sollte trotz dieser Warnung jemand betroffen werden, so ist darüber zu berichten, und der Betroffene ist "bei dem Kopfe zu ergreifen" und bis auf fernere Verordnung zu bewachen und nicht eher zu entlassen, als bis sämtliche Unkosten von ihm gezahlt sind und er eine Kaution geleistet hat, nicht mehr zu jagen" (1613). Natürlich blieb dieser Schritt ohne Erfolg, Im Winter 1614 z.B. ging der holländische Kapitän Rosier Schliep mit seinem Sohne und 2 Soldaten und etlichen Hunden und "Winden" von Burtange aus frech und frei und ungestraft hinter dem Rheder Esch her am Moore entlang bis nach Brual auf die Hasenjagd. - Neue Übergriffe folgen, und neue Klagen wurden laut, diesmal vor dem Richter Georg Möwe in Aschendorf (1641). Es kamen die Leute aus Heede und der Junker Melchior von Heede auf Gut Heede, und sie führten Klage, dass die Burtanger in das münstersche Gebiet hinein Torf stächen, dass das Burtanger Vieh gar bis an den Heeder Esch käme und in dem Kornfelde Schaden angerichtet habe. Der Kommandant habe die Heeder gezwungen, auf Wagen Soldaten mit Fischgeräten aus der Festung zu holen, die Soldaten zu verpflegen und sie wieder nach der Burtange zurückzufahren. Ebenso hätten die Borsumer holländische Soldaten mit Speise und Trank verpflegen müssen, und da sie sich anfänglich geweigert hätten, so sei ihr Frone, der Amtsbote Johann Dräge, mit einem Stocke geschlagen worden. Als drei Wochen später die Borsumer demselben Befehle nachgekommen wären und die Wagen zur Rückfahrt nicht schnell genug zur Stelle gewesen seien, da hätten die Holländer den Heinrich Ellink jämmerlich geschlagen.
Auch die Rheder seinen wiederholt gezwungen, die Fischgeräte aus der Festung Burtange nach Heede und Borsum zu bringen. Alle diese Zwischenfälle an der Grenze waren vor dem Regierungsantritte Christopher Bernhards von Galen erfolgt und ungestraft geblieben.
Eine besonders rohe Übeltat geschah in Haren unter seiner Regierung in der Nacht vom 23. auf 24. Oktober 1662. Harener Püntker hatten Roggen für den Bischof nach Münster unverzollt an dem Zollhause zu Burtange vorbeigefahren. Hierfür verlangte der Befehlshaber der Burtange Genugtuung. In genannter Herbstnacht kommen 46 holländische Soldaten aus der Burtange über Ter Apel mit Feuerrohren und brennenden Lunten nach Haren, wo sie in die Häuser der Püntker Edgard, Edgard Sohn und Johann Lübbers, die sie für jene Schiffer hielten, die den Zoll nicht bezahlt hatten, einbrachen, um sie fortzuschleppen. Der junge Edgard wurde aus dem Bette gerissen und mit Stöcken und Schlägen unmenschlich zugerichtet; ein Lanzenstich durchdrang seine Schulter. Dem alten Edgard war bereits ein Ohr vom Kopfe geschlagen, und die Backen waren ihm zerstoßen, da ertönte die Sturmglocke und rettete ihm das Leben. Der Küster war auf den Lärm hin zur Kirche geeilt, um Sturm zu läuten. Er fand jedoch das Schlüsselloch mit Holzstückchen verstopft, so dass es ihm erst nach längeren Bemühungen gelang, die Türe zu öffnen und zu läuten. Nun zogen sich die Holländer schleunigst übers Moor wieder zurück.
Gegen diese ständigen Grenzverletzungen musste der Landesherr einschreiten, wollte er nicht sein Ansehen bei seinen geplagten Untertanen gefährden, und Christoph Bernhard war nicht der langmütige Herr, der sich diesen neuen Zwischenfall an der Grenze gefallen ließ, zumal er aus Gründen der hohen Politik mit seinem holländischen Nachbar seit langem auf gespanntem Fuße stand.
Die Unstimmigkeiten zwischen dem Bischofe und er holländischen Regierung rührten von dem Streite her, der zwischen Christoph Bernhard von Galen und seiner Landeshauptstadt Münster zu Beginn seiner Regierung ausgebrochen war. Der neue Bischof war eine Kraftnatur, die wie alle fürstlichen Zeitgenossen nach unumschränkter Herrschaft strebte. Seine Wahl zum Bischof hatte bei der Münsterschen Bürgerschaft keine große Freude ausgelöst. Sie befürchteten von diesem kräftig gebauten Manne mit scharf gezeichnetem Gesichte, schwarzen durchdringenden Augen, der leicht gebogenen Nase und dem kleinen schwarzen Spitzbarte keinen Förderer ihres Strebens nach Reichsfreiheit. Auch ein großer Teil des Klerus liebte ihn nicht wegen seiner strengen priesterlichen Amtsführung in seinem Archidiakonate Bestreben, dass mit seiner Domherrenstelle verbunden war. Der befürchtete Streit brach tatsächlich aus, und erst nach dreimaliger Belagerung und schwerer Beschießung hatte sich Münster 1661 dem Bischof unterworfen. In diesem Streite, der nach des Bischofs Auffassung eine innere Angelegenheit seines Landes war, hatte Holland die Münstersche Bürgerschaft unterstützt. Der bekannte Staatsmann Johann de Witt hatte erklärt, "dass die großen und mächtigen Städte des deutschen Reiches bei ihrer Freiheit gegen die Pläne der Fürsten erhalten werden müssten." (1657.) Demnach hatte sich Johann de Witt mit Nachdruck auf die Seite Münsters gestellt und Truppen an der Grenze zusammengezogen (1658). Im Verlaufe dieses Streites hatten die Einwohner Münsters sogar um eine holländische Besatzung gebeten, was nur deshalb nicht gewährt wurde, weil die holländische Regierung kriegerische Verwickelungen mit dem Reiche und dem Kaiser befürchtete. Sie sandte statt dessen eine Abordnung zum Bischofe, aber Christoph Bernhard lehnte die Vermittlung ab, und Münster musste sich fügen. Der Bischof hatte gesiegt, aber der Groll über diese Haltung der Niederlande nagte an seinem Herzen und suchte nach Gelegenheit zur Vergeltung.
Ein zweiter Streitfall zwischen Münster und Holland war noch älter. An der Berkel unterhalb Vreden im Münsterland lag ein altes münstersches Lehen, die Herrschaft Borkelo. Sie fiel nach dem Tode ihres Inhabers und seiner Witwe als erledigt an das Stift Münster zurück, was jedoch Erbansprüche der verwandten Grafen von Limburg-Styrum hervorrief. (1579). Das Reichskammergericht entschied zugunsten des Bischofs,, die holländische Regierung trat auf die Seite des Grafen, weil sie dieses wichtige Grenzländchen nicht in münstersche Hände fallen lassen wollte, und belegte Borkelo mit einer Besatzung. Also auch hier an dieser Grenzecke seines Fürstentums trieben die Holländer ihre Politik der Abbröckelung deutschen Landes von deutschen Boden. Christoph Bernhard erhob in Haag feierlich Einspruch gegen die Holländische Besitzergreifung, und als sein Wort nichts galt und nichts half, traf er seine ersten Maßnahmen.
Seit seinem Regierungsantritte (1650) hatte er die von den Schweden angelegten Festungswerke der Stadt Meppen nie außer acht gelassen. Fast jedes Jahr besuchte er Meppen, wo er auf der Paulsburg wohnte und sich von dem Fortgange der Befestigungen selbst überzeugte; denn Meppen war eine geeignete Operationsbasis für einen Kampf gegen Holland. Ein Kornmagazin wurde westlich der Hinterstraße errichtet und gefüllt, da bei der starken militärischen Belegung der kleinen Emsfestung die übliche Verpflegung in Bürgerquartieren nicht mehr durchzuführen war. Das Land hatte dieses Proviantamt zu beliefern. Für die Geschossbereitung wurde westlich der Sackgasse ein Laboratorium eingerichtet, denn die Artillerie war des Bischofs Lieblingswaffe, alle Erfindungen und Neuerungen beachtete er, um sie anzuwenden. Die der Münsterschen Artillerie eigene Waffe waren die Mörser, welche die gefürchteten Bomben warfen, was dem Bischofe den holländischen Spottnamen der "Bombenbischof", der "Bombenbernhard" eintrug. (Übersicht über die Festungsanlagen f. Abb. 3 der "Bilder aus der Geschichte der Stadt Meppen". Verlag Wegener.)
Im Jahre 1663 war die Festung zeitgemäß umgebaut, und der tatkräftige Fürstbischof, der die vorhin genannten Verletzungen an verschiedenen Punkten seiner Grenze nicht ruhig über sich und sein ihm anvertrautes Fürstentum ergehen lassen wollte, stand gerüsteter da, als seine letzten Vorgänger. Dabei hatte er anscheinend das Empfinden, sich wegen seiner Waffenmacht rechtfertigen zu müssen, um die eigenartige Vorstellung: "Ein Bischof, ein Soldate", die die Holländer in Schrift und Bild so gern über ihn verbreiteten, zu erklären. So schrieb Christoph Bernhard 1653 in seinem ersten Diözesanberichte an den Papst: "Er unterhielte zur Abwendung der lauernden Wölfe und zur Wiederherstellung der Hürde unter fast unerschwinglichen Kosten verschiedene Besatzungen in Münster, Coesfeld, Warendorf usw., Gott bittend, dass ihm und seinen Untertanen unter einer so großen, aber unvermeidlichen Last die Kraft und der Mut nicht ausgehe. Dann dieses am äußersten Ende des Reiches gelegene Bistum sei dergestalt nach allen Seiten von nichtkatholischen Regionen umzingelt, dass es wegen dieser furchtbaren Macht der benachbarten Nichtkatholiken bei allen Kennern der deutschen Verhältnisse als ein Bollwerk der hl. Kirche in Deutschland gelte, wie es der Ausgang des 30jährigen Krieges zeige." Ähnlich betont der Bischof in seinem 2. Romberichte 1660; "Die Miliz ist, wenn irgendwo in Deutschland, so sicherlich dieserorts am notwendigsten. Denn es könnte das Fürstentum Münster, das bei seiner weiten Ausdehnung mit Recht als Hauptstütze des ganzen westfälischen Kreises gilt, durch die Ränke der von allen Seiten auf Kirchengüter lauernden Ketzer leicht bedroht werden. Meine Ziele beim Unterhalt der Truppe sind folgende: Einerseits die Rechte meines Fürstentums, wozu ich eidlich verpflichtet bin, nicht nur nicht verkürzen zu lassen, sondern auch gegen jeglichen äußeren oder inneren ungerechten Angreifer nötigenfalls mit bewaffneter Hand zu wahren. Sodann die Untertanen in Gehorsam zu erhalten und endlich die Religion, die wegen der früheren Nachlässigkeit hier zu Lande offenbar nicht bestehen kann, in ihrer Unversehrtheit zu schirmen; kurz, um keinen ungerechten Widersacher fürchten zu müssen." Zum Verständnis dieser Befürchtungen und Begründungen muß man wissen, dass das Fürstbistum Münster beim Regierungsantritte Christoph Bernhards 1650 mit Feindlichen Besatzungen vom 30jährigen Kriege her schwer belastet war. Im Amte Vechta saßen die Schweden, was monatlich 7000 Rtlr. An Verplegungskosten verursachte. Im nördlichen Münsterlande, in Coesfeld, Borken und Bocholt, lagen hessische Truppen. Das Amt Bevergen hatte die 1648 beim Friedensschluß abziehenden Schweden nicht etwa den rechtmäßigen Herrn, dem Bischofe von Münster, überlassen, sondern den Holländern, die auf dasselbe Anspruch erhoben, wie auf den Hümmling und das Saterland als früher (!) tecklenburgisches Lehen!!! Nur unter großen Schwierigkeiten war es Christoph Bernhard gelungen, eigener Herr im eigenen Hause zu werden und die Hessen (1652) und die Schweden (1654) und die Holländer (1659) gegen hohe Abfindungssummen zum Verlassen der genannten drei Ämter zu bewegen. Zur Erinnerung an die Befreiung Vechtas von der drückenden schwedischen Besatzung wird noch heute daselbst die große Himmelfahrtsprozession feierlich begangen.
Das also war die gespannte politische Lage zwischen Münster und Holland. Ins Rollen kam der Stein durch einen ganz anderen Fall, der Ostfriesland betraf: Im August des Jahres 1663 fand hohe Jagd auf dem Hümmling statt, an der als Gast des Bischofs auch der Graf von Ostriesland teilnahm. Man wollte beim fröhlichen Jagdmahle einen alten Streit schlichten, der bereits über 50 Jahre das ostfriesische Fürstenhaus beunruhigte. Graf Enno III. Von Ostfriesland hatte seine beiden Töchter, die zum Katholizismus neigten, aus der väterlichen Gewalt entlassen und das Erbgut derselben, das Harlingerland, an sich gebracht. Die jüngere sollte dafür eine Abfindungssumme von 165 000 Reichstalern erhalten. Als sie 1604 den süddeutschen Fürsten von Lichtenstein heiratete, glaubte sei sich benachteiligt und strengte gegen ihren Vater und dessen Nachkommen einen Prozeß an. Dieser erklärte sich zu einer Nachzahlung von 135 000 Rtlr. Bereit, und die Summe wurde in 18 Fässern im Schlosskeller zu Esens verpackt. Hier fand sie der uns aus dem Heimatkalender II Seite 33 bekannte Räuberhauptmann Graf Ernst von Mansfeld, der das Geld für sich und seine Söldner verbrauchte, so dass Graf Enno nicht mehr zur Auszahlung der versprochenen Summe imstande war. Trotzdem bestand die Familie von Lichtenstein auf Zahlung, sie wurde beim Kaiser klagbar, und der Reichshofrat in Wien beauftragte zuerst 1643 den Bischof Ferdinand von Münster, später 1663 Christoph Bernhard, die Summe einzutreiben. Bevor der Fürstbischof zum Äußersten schritt, lud er den ostfriesischen Grafen zu einer Verhandlung ein, zu der sich auch die Lichtensteinischen Abgesandten auf dem Hümmling einfanden. Der ostfriesiche Fürst sah aber keine Möglichkeit zur Zahlung, falls nicht die Niederlande ihm zu einer Anleihe verhalfen. Diese waren gar nicht abgeneigt, verlangten aber als Pfand u. a. das Besetzungsrecht der Dieler Schanzen. Diese Erdwerke, die zum Teil noch sichtbar sind, liegen auf ostfriesischem Boden, gegenüber dem emsländischen Grenzdorfe Brual an derselben Seite der Ems etwa 700 Meter von ihr entfernt. Da nun der Fürst gegen diese Forderung das größte Bedenken hatte, so hielten die Holländer zurück, die Zahlung erfolgte nicht, und Christoph Bernhard schritt im Namen des Reiches zur Erekution. In der Nacht vom 6. auf den 7. Dezember 1663 landete eine Pünte mit 60 Mann in Diele und besetzte die Schanze, in der nur 7 Mann lagen. Nun trat der Fürst die Dieler Schanze als Pfand an die Niederlande ab, die ihm darauf 135 000 Reichstaler liehen und ein Heer zur Besetzung sammelten. Aber der Bischof nahm die Summe nicht an, denn mit der Annahme hätte die Zwangsvollstreckung aufgehoben werden müssen und die Holländer hätten sich statt seiner in Diele festgesetzt. Er stellte vielmehr die Gegenforderung auf Schleifung der besagten Schanzwerke, zugleich erhoben Kaiser und Bischof bei der holländischen Regierung im Haag Einspruch gegen jede Einmischung in diese innerdeutsche Angelegenheit. Aber die Holländer wollten von einer Abtragung der Schanzen nichts wissen, sie legten vielmehr den größten Wert auf den Besitz eines festen Punktes an der Ems. Trotzdem war der Bischof zu einer Aussprache geneigt, die zwischen Münster, Ostfriesland und Holland im Haag Ende April 1664 stattfand. Auf dieser Verhandlung erklärte sich Christoph Bernhard zur Annahme der Summe und zur Räumung der Schanze bereit; nur müsse er darauf bestehen, dass sie in ostfriesische Hände zurückginge und auf keinen Fall an Holland ausgeliefert würde.
Auch dieses Anerbieten des Bischofs lehnte die holländische Regierung ab, denn Diele sei ihr als Bürgschaft für die ostfriesische Anleihe verpfändet worden. So mussten denn die Waffen sprechen. Am 10. Mai 1664 rückte der Prinz von Nassau mit 5000 Mann gegen die Erdwerke, die mit nur 300 Mann besetzt waren. Sie hielten sich trotzdem 3 Wochen lang, bis sie mit Sturm genommen wurden. Die münstersche Besatzung erhielt freien Abzug, und die Holländer setzten sich im ostfriesischen Diele fest. Wir werden später sehen, welchen Schaden diese Besitzergreifung der freien Schiffahrt auf der Ems gebracht hat. Die verweigerte Rückgabe von Borkelo, die Einnahme der Dieler Schanzen und die eingangs von uns erwähnten ungestraften Grenzverletzungen bestimmten den Bischof von Münster, sich nach einer Macht umzusehen, mit deren Hilfe besonders an Geld er sich rächen konnte an seinem Nachbar, den Generalstaaten, "die hem voortdurend gekwetst en geplaagd hadden", wie sich ein neuerer holländischer Geschichtsschreiber, de Kinderen, ausdrückt. Christoph Bernhard suchte und fand in England, das sich mit Holland im Kriegszustand befand, einen zahlungskräftigen Bundesgenossen, da sein kleines Fürstentum die Mittel zum Kriegführen nicht aufbringen konnte. Im Juni des Jahres 1665 kam ein Bündnis zustande, demzufolge sich England verpflichtete, sofort 500 000 Rthr. Zu gegen, sowie für den Monat Juni 200 000 Tlr., für Juli und August je 150 000 Reichstlr. Dafür sollte der Bischof 20 000 Mann Infanterie und 10 000 Dragoner stellen und Holland von der Landseite angreifen. Überall in Westdeutschland wurden Werbeplätze errichtet; die Konfession von Mannschaften und Offizieren spielte dabei keine Rolle. Bald füllt sich das Münsterland und unser Emsland mit Tausenden von Truppen, denn Münster, Coesfeld und Meppen bildeten die Ausgangspunkte für das Unternehmen gegen die Niederlande. Als die Rüstungen beendet waren, erließ der Bischof am 14. September 1665 von Coesfeld aus einen Fehdebrief an seinen Feind, des Inhaltes (Auszug): Er werde aus mehr als einer Ursache zum Kriege gezwungen, nämlich
1. Die Niederlande hätten sich in die durch Kaiser und Reichsgericht erledigte Lichtensteinsche Streitigkeit eingemischt, die sie gar nichts anginge. Sie hätten sich erkühnt, auf des Reiches Grund und Boden die Dieler Schanzen zu belagern, die Münstersche Besatzung, die diese Schanzen im Namen des Kaisers und des Reiches besetzt gehalten hätte, anzugreifen und selbst Truppen hineinzulegen, und sie hätten diese zur größten Verachtung der deutschen Nation beibehalten.
2. Ostfriesland sei allezeit von den Niederlanden unterdrückt worden. So hätten sie einstens (siehe hierzu Heimatkalender II S. 31) die Mansfeldische Armee hineingelockt und Emden und Leerort, des Reiches Festungen, besetzt.
3. Sie hätten die Stadt Münster gegen ihren Landesherrn hartnäckig gemacht zu vieler Millionen Schaden für sein Bistum.
4. Endlich werde sein Feldzut nun darauf zielen, dass er hinführo mit den Niederlanden beständige Ruhe erhalte.
So lautete des Bischofs Absagebrief an die holländische Regierung. Alsdann fand bei Ochtrup im Münsterland eine Heerschau statt; man zählte 12 Regimenter Kavallerie und 16 Regimenter Infanterie, insgesamt nach neueren Forschungen etwa 20 000 Mann, worauf der Feldzug beginnen konnte.


Anmerkung von Stefan Hilling:
Ein Johann Lübbers wird mit Familie 1669 in Haren genannt. Ob es sich um den erwähnten Püntker handelt ist mir aber nicht klar.

nach Bernd Josef Jansen, Münster
Püntker Edgard (= Heinrich Essards), Brinksitzer u. Püntker, geboren um 1600 in Haren (Religion: r.K.), gestorben nach 1662 in Haren, urk. 1659-1662
und Sohn:
Essard Henriches, Brinksitzer u. Püntker, geboren um 1630 in Haren (Religion: r.K.), gestorben nach 1662 in Haren, urk. 1659-1662, 1691 tot, wird 1662 mit seinem Vater von Holländischen Soldaten verwundet