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Die Kirche in Bokeloh

Von Studienrat Dr. della Valle, Meppen

Was Handorf für die Münsteraner, Rulle und Sutthausen für die Osnabrücker, das ist Bokeloh für die Meppener, für solche, die am stillen Sonntagnachmittag ein Stückchen Erde suchen, wo die Seele aufatmen kann vom Getriebe des Alltags. Sonntagsstille siegt über dem idyllischen Dörfchen. So unentweiht, so unberührt liegt es da, das uralte Kirchlein, umrauscht von der Hase leis plätschernden Wassern, die freundliche Siedlung mit den knorrigen Eichen! Schade nur, daß einige dieser treuen Dorfhüter auch jetzt, wo Heimatsinn und Heimatliebe allüberall erwachen, ihr Leben lassen mußten; schade nur, daß das alte "Wedemhus", die Pfarrei auf der Insel, vor Jahren einer unschönen, das Dorfbild störenden Pfarrwohnung weichen mußte, einem ungegliederten viereckigen Kasten, den Noah getrost als Vorbild hätte nehmen können für seine Arche!

Ob die Bokeloher Kirche die älteste des Emslandes ist? Eine alte Sage erzählt, Karl der Große habe nach einem Siege über Widukind, den Sachsenherzog, die Kirche in Bokeloh als Siegesdenkmal gestiftet. Wie dem auch sein mag, Bokeloh gehört unstreitig zu den ersten Kirchen des Emslandes. Bischof Dodo (978 - 996) soll die erste, hölzerne Kirche durch einen Steinbau ersetzt haben; das heutige Schiff soll ein Rest dieses Baues sein. Wenn es auch sicher ist, daß Dodo die Kirche konsekriert hat, die Überlieferung wird kaum richtig sein. Chor und Schiff sind im gotischen Stil erbaut im Jahre 1462. Etwas jünger ist der noch heute erhaltene Rest des alten Turmes, wie folgende Turminschrift in gotischr Schrift besagt:

"Men scref 1512 darbi
da Borchard Sickma begude mi
als eme dat werk weder vor
her hermann Molner was pastor
Rolef van Lange dorch milder art
Gav sine gave al ungespart."

Als Corveyer Patronatskirche hat Bokeloh St. Vitus zum Kirchenpatron. Wenn eine Urkunde von 1494 Catharina als Kirchenpatronin nennt, so liegt entweder ein Irrtum vor, oder - und das scheint mir wahrscheinlicher - Katharina ist in früheren Zeiten Mitpatronin gewesen. Das wäre nicht weiter auffallend. Zudem wurde im selben Jahre 1494 von Ritter Engelbert von Langen eine Vikarie der hl. Katharina an der Kirche gegründet. Der Stifter erhielt altem Brauche gemäß das Präsentationsrecht. Er präsentierte Hermann Molner, der nach der Turminschrift später Pfarrer von Bokeloh wurde. Die Vikarie wurde dotiert mit 20 Scheffelsaat Grund und Boden, teils Ackerland, teils Heide und Holzbestand. Die Ländereien liegen zusammen im Bückelter Roggenesch. Auf der Stiftung ruhen 12 hl. Messen, von denen je eine monatlich in Bokeloh gelesen werden muß.

Die Mauern des Gotteshauses bestehen aus Granit und Eisenstein. Der Turm erhielt später eine Sandsteinfassung. Als im dreißigjährigen Kriege Mansfelds brandschatzende Horden 1622 das Emsland heimsuchten, wurde der Turm ausgebrannt und seiner Glocken beraubt; ganz Bokeloh ging in Rauch und Flammen auf. Am 29. April 1811 stürzte der alte Turm ein und fiel auf das schöne gotische Spitzbodengewölbe. In den Jahren 1811 und 1817 stand der Wiederaufbau des Turmes und die Restauration der arg besschädigten Kirche statt. Im ganzen Herzogtum Arenberg-Meppen wurde deshalb eine Kollekte abgehalten, die 1244 Gulden einbrachte. Da der Bau in der letzten Zeit der französischen Herrschaft aufgeführt wurde, fand weder von geistlicher, noch von weltlicher Seite eine Aufsicht statt.

Der jetzige Altar, Fußbodenbelag, die Kommunionbank und das Chorgestühl sind vom + Dechanten Pennemann beschafft. Der neue Altar wurde 1906 konsekriert. Sein Vorgänger war ein im Rokokostil erbauter Holzaltar aus dem Jahre 1735, der bis ins Gewölbe hineinragte, ein Werk des Meisters Schröder aus Quakenbrück.

Bemerkenswert ist noch ein Grabstein auf dem Friedhofe an der Südseite der Kirche. Er deckt die irdischen Überreste zweier Pfarrgeistlichen, die gleichzeitig fast ein halbes Jahrhundert in Bokeloh wirkten, des Pastors Lambert Determann, geb. 1773 in Haselünne, gest. 1855 und des Vikars Hermann Heinrich Brümmer, geb. 1772 in Adeldorn, gest. 1847. An der Nordseite befand sich vor dem Turmeinsturz ein vermauerter Eingang, der den Namen "Aschendorfer Türe" führte. Es geht nämlich die Sage, die Bewohner von Aschedorf seien einstmals nach Bokeloh zur Kirche gegangen, hätten dortselbst auch ihre eigenen Bänke gehabt. Es sind immer trauliche Stätten, um welche die Sage ihren Blütenkranz geschlungen. Möge das stille Gotteshaus in seiner Eigenart und traumverlorenen Weltabgeschiedenheit liebevoll gepflegt das Auge des Wanderers, besonders unserer frohwandernden Jugend, erfreuen!